posted on 2019-04-24, 16:05authored byRonald Hartz
Gertraude Krell gelang es immer wieder, gerade im persönlichen Austausch, in ihrer
zwanglosen Art für Fragestellungen und Probleme geschlechtsspezifischer und anderer
Formen von Diskriminierung zu sensibilisieren und deren Bedeutung für eine kritische
Management- und Organisationsforschung hervorzuheben. Hier war viel zu lernen – nicht
zuletzt bzgl. der eigenen Sensibilität gegenüber Mechanismen der Diskriminierung und
Ausgrenzung sowie der kritischen Selbstreflexion eigener Positionen. Ihre Bestärkung darin,
die Arbeit der Kritik fortzusetzen und sich „nicht dumm machen zu lassen“ (Adorno), ist das,
was schmerzlich fehlt.
Diese Forschungsskizze knüpft an ein Thema eines unserer letzten Gespräche an – den
Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen und die damalige massive Präsenz der
Gruppierung Pegida („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands“) in
Dresden. Obgleich die Flüchtlingspolitik zentrales Thema für Pegida ist, kann die Bewegung
auch im Kontext eines antifeministischen Backlashs und eines diskursiven Kampfes gegen
gendertheoretische Positionen betrachtet werden. Gender- und Diversitätsforschung sei
unwissenschaftlich, irrelevant, wider den ‚gesunden Menschenverstand‘ und verfolge das
Projekt einer staatlich finanzierten gesellschaftsweiten ‚Umerziehung‘ in Sachen Sexualität
und Geschlecht (vgl. Hark/Villa 2015). Angesichts dieses scheinbar in breiten
Gesellschaftsschichten anschlussfähigen Diskurses ist es im Sinne des Eingangszitates von
Gertraude Krell notwendig, jenes kritische Moment der Genderforschung zu stärken, sowie
dessen systematischen Bezug zu Formen gesellschaftlicher Ungleichheit und Diskriminierung
– auch und gerade in den Wirtschaftswissenschaften. Die Frage, inwiefern
Geschlechterstereotype und geschlechtsbezogene Konstruktionen im Sinne eines Backlashs
Bedeutung für die Konstitution von Pegida als Gemeinschaft besitzen, reicht dabei über das
konkrete Phänomen hinaus, da auch die generelle Frage des Zusammenhangs von
Gemeinschaftsbildung qua geschlechtsbezogener Grenzziehungen berührt wird.
History
Citation
Zeitschrift für Diversitätsforschung und -management, 2017, 2 (2), pp. 46-50
Author affiliation
/Organisation/COLLEGE OF SOCIAL SCIENCES, ARTS AND HUMANITIES/School of Business
Version
AM (Accepted Manuscript)
Published in
Zeitschrift für Diversitätsforschung und -management